Marianne Schuhose: Lemminge und lange Wege – Skandinavientour 2001

17.08.

Ein schöner Tag heute – wir starten endlich wieder in Richtung Norden. Zwischenstation bei Hannelore und Paul in Bad Schwartau, dort gemütlich, aber natürlich zu viel gegessen. Dann weiter, gegen 17.00 Uhr kommen wir auf dem Campingplatz Klausdorf auf Fehmarn an. Nachdem wir unseren Stellplatz bezogen haben, können wir endlich in die Ostsee springen und ein erfrischendes Bad nehmen. Anschließend gehen wir gemütlich essen und bummeln noch ein wenig herum und warten auf Siegfried. Er hat sich über Handy gemeldet, hat durch einen Stau auf der Autobahn viel Zeit verloren. Als er schließlich eintrifft, nochmal in die Kneipe und ein paar Bierchen zum Abschied.


18.08.

Eigentlich haben wir ja Urlaub, aber trotzdem stehen wir bereits um 6.00 Uhr auf, 7.00 Uhr sind wir vom Platz und 7.35 Uhr auf der Fähre nach Dänemark. Die Ferien sind vorbei, die Saison auch und so ist nichts mehr los. Normale Überfahrt, kommen in Dänemark gut voran, sind schon gegen 11.00 Uhr auf der Fähre über den Sund und 11.30 Uhr in Schweden. Nun erwartet uns die bekannte Fahrerei – nicht umsonst rechnet man hier noch in skandinavischen Meilen. Von Helsingborg geht es auf der E 4 bis Värnamo, weiter auf der 127 über Sävsjö nach Vetlanda. Dort schieben wir uns für die Nacht auf dem Campingplatz ein. Wir wollen uns hier in der Nähe die Kleva – Gruva, ein altes Bergwerk, ansehen. Für heute wäre es schon zu spät.


 

19.08.

Viel zu früh erreichen wir den Parkplatz an dem Schaubergwerk – so warten wir eben. Dann, 10.00 Uhr ist es soweit. Wir wechseln die kurzen Hosen gegen lange aus und begeben uns in das Grubengelände. Mit den Eintrittskarten erhalten wir Helme, Taschenlampen und ein Faltblatt in deutsch. Dann sind wir uns selbst überlassen – uns nur recht. Durch einen langen ehemaligen Wasserlösungsstollen geht es in das Bergwerk. Es wurde 1691 aufgefahren, zunächst wurden Kupfererze und ab 1839 bis 1920 hauptsächlich Nickelerze abgebaut. Für mitteleuropäische Verhältnisse ist der Führungsweg recht abenteuerlich. Der größte Teil ist zwar beleuchtet und geebnet, aber in den für die Besucher ebenfalls freigegebenen Nebenstrecken brennt kein Licht – daher die Taschenlampen und der Boden besteht teilweise aus losem Blockwerk. Aber gerade deshalb macht die Besichtigung viel Spaß und wir verbringen viel Zeit damit. Beeindruckend sind die großen Abbaue, die zum Teil bis an die Oberfläche reichen. Die schwedischen Höhlenforscher nutzen die Grube als Trainingsobjekt für Einseiltechnik. Doch dann geht die Fahrt weiter. Da es immer noch sehr warm ist, haben wir wieder auf Hochsommer umgeschaltet und die kurzen Hosen angezogen. Es geht zurück nach Vetlanda, von dort auf der 31 über Nässjö nach Jonköping. Weiter zunächst auf der 40 und der 48 nach Skövde, dann auf der 201 bis Mariestad und schließlich auf der 64 – Inlandsvägen – noch 30 km bis zum Campingplatz Arashult südlich von Gullspang. Es ist weiter sehr warm, aber zum Glück sind nur wenig Mücken aktiv. Ernst und ich machen mit platzeigenen Fahrrädern noch eine kleine Tour zum Vänern, Siegfried geht zu Fuß. Nach der doch recht langen Fahrt eine Wohltat. Abends gönnen wir uns noch frisch geräucherten Fisch und beobachten eine Schar Goldammern. In der Nacht beginnt es zu regnen.


20.08.

Bei Regenwetter geht es nun weiter. Wir machen noch einen Abstecher zu einer Holzkirche aus dem 12. Jahrhundert bei S. Radaknapp ostwärts von Gullspang. Leider sind wir wieder zu früh dran, die Kirche wird erst ab 11.00 Uhr geöffnet, so können wir sie nur von außen ansehen. So fahren wir wieder zum Inlandsvägen zurück, Dauerregen. Er bleibt uns auch fast den ganzen Tag treu, über bekannte Strecken geht es auf der 64 über Kristinehamn, Filipstad und Vansbro nach Mora am Siljansee. Von dort dann auf der 45 immer auf dem Inlandsväg über Sveg bis zum Rastplatz am Hoan bei Särna kurz vor Ytterhogdal. Da dieser doch recht verdreckt ist, folgen wir einer Empfehlung Holgers und versuchen, an einer Nebenstraße einen besseren Platz zu finden, aber für zwei Fahrzeuge reicht es nirgends und so landen wir doch wieder auf dem Rastplatz. Für eine Nacht muss es eben gehen. In der Nacht hört der Regen dann endlich mal auf.


21.08.

6.00 Uhr stehen wir auf, frühstücken und fahren los. Es ist warm und trocken. Immer dem Inlandsväg (45) folgend geht es weiter über Östersund und Strömsund. Gegen Mittag erreichen wir einen Rastplatz direkt vor Hoting. Purer Luxus – beheizter Aufenthaltsraum. und fließend warm Wasser. Auf dem Parkplatz werden zwei Fahrzeuge aus Russland und deren Insassen eingehend von der schwedischen Polizei überprüft. Scheint aber alles in Ordnung zu sein. Wir fahren weiter, Dorotea, Vilhelmina, Storuman und Arvidsjaur werden passiert. Wenn man in diesem Land voran kommen will, muss man halt fahren, fahren. Ab 15.00 Uhr sehr starke Regengüsse, auf den Straßen große und teilweise auch recht tiefe Pfützen. Über Moskosel geht es nun noch bis zum Piteälv. Dort verlassen wir die Straße und fahren noch 16 km über Schotterpisten zum Trollforsen und schieben uns für die Nacht für 25 Kronen (5,00 DM) ein. Unsere Standheizung hat wohl das viele Wasser nicht vertragen und ist abgesoffen. So sitzen wir in Siegfrieds angenehm beheiztem Wohnmobil den Abend bei Container – Rotwein zusammen und erholen uns von der langen und anstrengenden Fahrt.


 

 

22.08.

Ich wache zeitig auf – bestes Wetter. Auf dem Fluss noch Nebel, aber sonst Sonne! Gegen 8.00 Uhr, wir sitzen noch beim Frühstück, löst sich der Nebel auf. Wir haben es heute nicht mehr weit, so machen wir noch einen kleinen Spaziergang und sehen uns die Stromschnellen des Piteälv an. Siegried fotografiert, Ernst filmt und ich esse tüchtig Blaubeeren. Erst gegen 11.00 Uhr fahren wir weiter nach Jokkmokk. Unterwegs wird Siegfried der Sprit knapp, so kippt er die „großzügig“ bemessene Reserve von 5 Litern Diesel in den Tank. Nun, es hat bis zur Tankstelle in Jokkmokk gereicht. Im Ort im ICA Rajden Supermarkt noch eingekauft, am Parkplatz am Stausee Mittagspause. Anschließend die restlichen 120 km bis zum Flugplatz vor Kvikkjokk gefahren. Einzige Möglichkeit für einen Flug ist am nächsten Tag 13.00 Uhr. Wir brauchen einen Hubschrauber für uns allein, mit anderen Leuten zusammen wird das Gewicht zu hoch. Der Angestellte an der Rezeption sagt freundlich grinsend zu Siegfried: „Du bist zu schwer!“ Müssen wir uns mit dem Packen morgen eben etwas beeilen. Wir fahren noch auf den Parkplatz in Kvikkjokk und entdecken dort Holgers Auto, er ist wohl noch im Busch. Dann geht es zurück auf den Campingplatz Arrenjarka. Wir richten uns auf den gewohnten Stellplätzen am Sagatsee ein und genießen erstmal ausgiebig die Sauna. Ein gutes Abendessen und ein Lagerfeuer runden den Tag ab.

 

 

 

 


 


Abendlicht am Sagat


23.08.
Wieder herrliches Wetter. In Ruhe gefrühstückt – noch mal so richtig mit Honig und Marmelade – dann geht es ans Packen. Aber dank unserer Erfahrung sind die Rucksäcke schon gegen 11.00 Uhr fertig. Ernst und ich haben jeder so um die 20 Kilo, Siegfried reichlich mehr, zusammen gebracht. Wir fahren zunächst zum Flugplatz, ich bleibe mit dem Gepäck gleich dort. Die Männer bringen die Autos nach Kvikkjokk auf den Parkplatz und kommen zu Fuß zurück. Wir warten im Sonnenschein – es ist viel zu warm für die Jahreszeit – auf „unsere“ Maschine. Zwischendurch noch Mittagessen mit zwei Scheiben Fladenbrot mit Wurst und Käse und einem hart gekochten Ei. Pünktlich um 13.00 Uhr geht es dann los. Ernst und ich sind im vorigen Jahr bereits mit dem Piloten und diesem Hubschrauber geflogen. Als Neuling darf Siegfried vorn neben dem Piloten sitzen. Bei diesen Sichtverhältnissen ist der Flug ein Hochgenuss! Erst zieht Kvikkjokk unter uns durch, dann folgen wir dem Taradal in Richtung Nordnordwest bis zu einem großen See, dem Virihaure. Der Pilot spielt nebenbei noch den Fremdenführer und erklärt die Landschaft. Fotoapparate und Videokamera kommen nicht zur Ruhe.


Unter uns das Taradal


Nach einer guten halben Stunde landen wir am Ufer des Virihaure in Staloluokta, einer Siedlung der Samen. Wir steigen aus, das Gepäck wird ausgeladen, Passagiere und Ladung für den Rückflug aufgenommen und der Hubschrauber ist nach wenigen Minuten verschwunden. Wir nehmen die Rucksäcke auf – wie immer am Anfang verdammt schwer – und machen uns auf den Weg. Es ist auch hier oben noch sehr warm. Immer mit Blick auf den Virihaure geht es auf dem Padjelantaleden steil bergauf und ab quer über eine Landzunge hinweg in Richtung Arasluokta, einer weiteren Samensiedlung. Gegen 17.00 Uhr machen wir etwa 1 Stunde vor Arasluokta Schluss und bauen unsere Zelte etwas abseits des Wanderwegs an einer Stelle mit sehr schöner Aussicht auf. Wie immer dauert das Einrichten beim ersten Mal etwas länger, aber bei diesem Superwetter ist das kein Problem. Gegen Abend wird es etwas kühler, sehr angenehm. Gutes Abendbrot, gegen 20.00 Uhr Schnapstime und ein herrlicher, farbenprächtiger Sonnenuntergang. 21.00 Uhr liegen wir in den Schlafsäcken.

Blick auf den Virihaure

24.08.

Die Sonne weckt uns, die Zelte sind nass vom Tau. Wir genießen Kaffee und Müsli in aller Ruhe, es dauert eine Weile, bis die Zelte trocken sind. Aber dann geht es weiter. Bald erreichen wir die Brücke über den Arrasjakka und gehen auf dem Pfad oberhalb am Hang an Arrasluokta mit seiner Kirche in Form einer Samenkota vorbei. Nochmals ermüdend bergauf und bergab, dann haben wir gegen Mittag die Hängebrücke über den breiten Miellätno erreicht. Hier machen wir ausgiebig Mittagspause, kühlen die Füße im Fluss und trocknen die Sümpfe. Der Padjelantaleden ist doch recht häufig begangen und so treffen wir immer wieder auf andere Leute. Nach derPause geht es ständig bergauf zum Parka. Rund 400 Höhenmeter sind zu überwinden. Unterwegs sehen wir immer wieder Lemminge. Wir gehen noch ein Stück weiter, vorbei an einem wie ein Kamel geformten Felsen bis an den Rand der Hochfläche. Dort schlagen wir gegen 17.00 Uhr abseits des Weges unser Lager auf. Die Lemminge kommen dicht an die Zelte und lassen sich nicht stören. Wenn man sich halbwegs ruhig verhält, kann man sie gut beim Fressen beobachten. Von den Zelten haben wir einen weiten Blick hinüber zum Kisuris und Lautak, zwei markanten Bergen. Zum Abendbrot die bewährte Mehrkorngrütze mit Schwärchenwurst. Bis Einbruch der Dunkelheit laufen wir noch etwas im Gelände herum, so ohne die schweren Rucksäcke ist das eine Erholung.

 

 


 


 

Das Lautakmassiv

 

 

25.08.

9.15 Uhr brechen wir auf. Schon jetzt ist es recht warm. Hier verlassen wir nun den Padjelantaleden und gehen weglos unterhalb der Steilhänge des Mattaive in südostwärtiger Richtung. Mittags erreichen wir die Grenze des Sarek – Nationalparks und halten eine lange Rast. Immer wieder müssen wir größere und kleinere versumpfte Flächen queren, bei der Hitze und mit den schweren Rucksäcken nicht gerade ein Vergnügen. So sind wir am späten Nachmittag doch recht ausgepumpt und die Pausen mehren sich. Bei der letzten dieser Rasten gibt uns dann ein Hermelin in seinem braunen Sommerfell eine Sondervorstellung, wir können dem Tier eine ganze Weile zusehen. In einem atemberaubenden Tempo saust es zwischen und über den Steinblöcken hindurch, es macht wohl Jagd auf Lemminge. Nach einem kurzen Anstieg finden wir endlich eine Biwakmöglichkeit und schlagen die Zelte neben einem kleinen Tümpel auf. Siegfried sucht sich eine Bademöglichkeit und wäscht sich in dem doch recht kalten Wasser – wir sind dazu zu faul. Immer wieder tauchen ein paar Rentiere in der Nähe auf. Nach dem Abendessen laufen wir noch ein wenig herum, Siegfried und Ernst steigen noch auf den Felsgrat des Unna Paravatj hinauf und sehen sich von dort oben die Sumpfgebiete im Tal des Miellätno an, die Ernst und ich im vorigen Jahr durchquert haben. Pünktlich zur Schnapstime sind sie jedoch wieder im Lager. Ein wenig sitzen wir noch zusammen, dann kriechen wir müde von der anstrengenden Tour in die Schlafsäcke.

26.08.

Wir brechen zeitig auf. Siegfried ist immer sehr früh wach, ausgeschlafen und unternehmungslustig. Nun ja, er ist schließlich auch fast dreißig Jahre jünger als wir alten Krauter. Wieder führt uns der Weg durch versumpftes Gelände, das stark an Reisfelder erinnert. Dann geht es wieder hinauf. Über den Hang des Njake kommen wir schließlich in die Nasavagge, ein Tal mit einem sichelförmigen See, das in 940 m Höhe den Bergrücken durchzieht. Es wird windig und rasch ziehen Wolken auf. Das Wetter wird wohl umschlagen. An einer halbwegs windgeschützten Stelle am Seeufer halten wir zwischen Gletscheranemonen und Lemmingkötteln Mittagsrast. Das Kaffeewasser liefert der See. Aber es ist doch kühl geworden und so gehen wir bald weiter. Hin und wieder nieselt es. Am Ende des gut anderthalb Kilometer langen Sees müssen wir einen schon recht verfallenen Rentierzaun überwinden. Dann geht es hinab in die Kuopervagge, ein großes Tal. Ernst filmt viel, dabei muss er viel voraus gehen oder wieder hinter uns her laufen. Von hier oben haben wir den mäandrierenden Kuoperjakka gut im Blick. Der Abstieg ist recht steil, aber nicht schwierig. Als wir unten sind, beginnt es zu regnen, wir schaffen es gerade noch, die Zelte halbwegs trocken auf zu bauen. Wir verziehen uns in die Zelte und schlafen erstmal eine Runde. Später im Zelt gekocht. Schnapstime bei Siegfried im Zelt. Er hat ein Drei – Mann – Zelt für sich allein und somit jede Menge Platz, aber auch ein höheres Gewicht zu schleppen. Dagegen ist unsere Hütte klein und flach, steht aber bei dem Wind wesentlich ruhiger. Es regnet und stürmt die ganze Nacht. Kuopervagge


27.08.

An ein Weitergehen ist nicht zu denken. Es regnet wie aus Eimern und stürmt dazu. Kurzer Kontakt mit Siegfried – wir warten erst mal ab, bleiben in den Schlafsäcken und pennen weiter. Mittagessen im Schlafsack. Endlich, gegen 17.00 Uhr, hört der Regen mal auf. Wir ziehen uns an und laufen etwas herum. Gut, dass wir unsere Plätze sorgfältig ausgewählt haben, überall kommen jetzt kleinere und größere Bäche von den Hängen herunter. Nach dem langen Liegen tut die Bewegung gut. Zum Abendessen „nur“ Flädlessuppe aus der Tüte und „Lappenpappe“ – Fladenbrot. Nach der Schnapstime beginnt es wieder heftig zu regnen – also weiterpennen. Erstaunlich, wie lange man hier schlafen kann.


28.08.


Es regnet nicht mehr, aber der Wind ist immer noch sehr heftig und macht uns beim Abbau der Zelte ganz schön zu schaffen. Ernst hilft Siegfried bei seinem großen Zelt. Wir ziehen in der Kuopervagge talauf. Der Weg ist nicht schwierig, nur viele Sumpfstellen und Schotterfelder sind zu überwinden. Weiter oben, kurz vor der Wasserscheide, steht noch ein Zelt recht ausgesetzt im Wind. Immer wieder können wir die Gletscher in den Seitentälern sehen. Das Durchwaten ihrer Abflüsse ist meist recht schwierig, durch das vom Gletscherschliff trübe Wasser können wir nicht sehen, wo wir hintreten. Meist geht Ernst zuerst und sucht eine Furt. Dank der Gummistiefel und der Regenhosen bleiben wir sogar bei knietiefem Wasser trocken. Die reißende Strömung presst die Regenhosen so dicht an die Stiefelschäfte, dass das Wasser nicht eindringen kann. Nach dem Zufluss vom Vattendelerglaciaren geht es nun wieder bergab. Der Abfluss des Gletschers fließt hier zum Teil in westlicher und zu Teil in ostwärtiger Richtung zum Rappadalen ab. Wir steigen über die Ausläufer der Kuoperskaite hinüber in die Alkavagge, ebenfalls ein großes Tal. Hier an der Alkanjärme haben die Gletscherabflüsse eine wüste Schotterfläche mit unzähligen Wasserläufen ausgebildet. Auf Höhe der Wasserscheide machen wir Mittagspause. Dabei überraschen wir einen Falken, als er auffliegen will, treibt ihn der Sturm in nur einem Meter Entfernung an unseren Köpfen vorbei, so dass wir uns in die Augen sehen können. Weiter unten finden wir einen windgeschützten Platz für die Zelte und machen für heute Schluss. Später sehen wir noch ein Zelt an der Talseite gegenüber. Hier geht eine der Hauptrouten für Sarekdurchquerung entlang, so ist hier doch etwas Betrieb. Gegen Abend beginnt es wieder heftiger zu regnen.


29.08.

Stehen sehr spät auf, in der Hoffnung, dass der Regen aufhört. Aber es regnet weiter und so gehen wir unter vollem Regenzeug los. Das Wasser quillt aus allen Löcher, aber wir kommen gut voran. Wir wissen aus Erfahrung, dass der Alkajakka weiter unten im Tal manchmal sehr tief und reißend sein kann. So durchwaten wir den Fluss, der hier noch Kalmejakka heißt, bereits weiter oben an einer breiten und flachen Stelle, bevor er durch die seitlichen Zuflüsse bei dem vielen Regen zu schwierig wird. Auf der anderen Seite geht es dann flott über manchmal nur leicht versumpfte Grasflächen talab. Weiter unten wird das Tal so sumpfig, dass wir seitlich in den Hang ausweichen müssen. Durch übermannshohes Weidengestrüpp gilt es einen gangbaren Weg zu finden, aber es gelingt gut, scheinbar geht die Spur eines längst vergessenen Samenpfades hier hindurch. Noch über ein paar Schotterhügel und wir haben die Klamm des Naiterieppjakkatj erreicht. Nach einigem Suchen finden wir eine Stelle, an der wir in die Klamm hinab steigen können und wo wir den Fluss trotz der starken Strömung durchwaten können. Es ist aber nicht einfach und so hilft mir Ernst hinüber. Das Wasser reichte mir bis an die Oberschenkel, das war für mich die äußerste Grenze des Machbaren. Auf dem anderen Ufer finden wir dann recht bald einen guten und geschützten Platz für die Zelte. Abends treiben wir uns noch eine Weile an der Klamm herum und sehen uns alles an. Siegfried steigt noch höher hinauf, um einen Weg für morgen auf diesem Ufer suchen. Aber auf dieser Seite wird es wohl zu schwierig, wir müssen den Naiterieppjakka nochmal durchwaten


Alkavagge

30.08.

Es ist recht diesig heute morgen, die Wolken hängen recht tief. Wir machen uns wieder auf den Weg, wir wollen über den Pass in der Naiterieppvagge zur Sarvesvagge hinüber. Zunächst suchen wir uns eine etwas ungefährlichere Stelle zum Durchwaten des Naiterieppjakkatj. Klappt auch ganz gut. Auf der anderen Seite treffen wir einen Deutschen und einen Schweden, der Deutsche ist gerade dabei seine Füße mit langen Streifen Leukoplast zu verpflastern. Sie wollen nicht über den Pass, sie halten den Weg bei diesen Sichtverhältnissen für zu gefährlich. Nun, Ernst und ich gehen nicht das erste Mal hinüber und kennen den Weg recht gut. Zunächst geht es dicht an der Klamm über einen abschüssigen Rasenhang hinauf – ein Ausrutscher würde sicher im Wasser der Klamm enden. Also aufpassen, wo man hintritt. Weiter oben gehen wir dann nur noch über nicht endenwollende Block- und Geröllfelder. Je höher wir kommen, desto kälter wird es. Die Wolken heben sich und die Sicht ist recht gut. Leider liegt in diesem Jahr auf der Westseite des Passes kein Schnee mehr, so dass wir bis über die Wasser- scheide hinüber durch zum Teil recht grobes Blockwerk steigen müssen. Zu unserer Erleichterung ist aber auf der Ostseite des Passes noch ein großes Schneefeld vorhanden, so dass wir recht flott weiterkommen. Der Schnee und das darunter liegende Eis sind bei dem warmen Wetter recht weich und die Schuhsohlen greifen gut. Schon von hier aus entdecken wir unter uns in der Sarvesvagge eine Anzahl roter Punkte. Ein Blick durchs Fernglas löst das Rätsel – dort unten steht ein ganzes Zeltlager! Wir sind gespannt, was sich dort wohl für eine Truppe niedergelassen hat. So etwas hatten wir hier noch nie erlebt.

Blick in die Sarvesvagge


Unterhalb des Schneefeldes halten wir Mittagsrast. Wir können von hier aus erkennen, dass dort unten sechs rote und zwei grüne Zelte stehen. Menschen zeigen sich nicht. Nach der Pause gehen wir weiter und durchwaten an einer sehr breiten und flachen Stelle den Sarvesjakka. Dann kommen wir unmittelbar an den Zelten vorbei und sehen eine Frau, die wohl als Lagerwache bei den Zelten geblieben ist. Kurz darauf müssen wir den vom Nuortap Luottojekna herabkommenden Gletscherfluss queren. Er führt viel Wasser und ist sehr reißend. So suchen wir uns eine Stelle auf seinem Schuttkegel, wo er sich in mehrere Arme aufteilt und kommen dort auch gut hinüber. Das in der Karte unten vor der Einmündung in den Sarvesjakka eingezeichnete Delta gibt es nicht mehr, dort ist ein Durchwaten doch recht gefährlich. Hier können die Flüsse noch ungebändigt fließen.Wir gehen noch bis kurz unterhalb des Kataraktes des Sarvesjakka und bauen dort an einer uns schon lange bekannten Stelle unser Lager auf. Abends treiben wir uns noch am Katarakt herum – hier wir der ganze Fluss durch eine nur einen Meter breite Passage zwischen den Felsen hindurch gezwängt und erhalten später noch Besuch von einigen Rentieren. Die Tiere ziehen wenige Meter an uns und unseren Zelten vorbei. Wir können endlich mal wieder draußen kochen und essen.


31.08.

Das Wetter ist freundlich, nur gut so, müssen wir doch heute in der Sarvesvagge noch große Weidensümpfe durchwandern. Wir sind diesen Weg schon mehrfach gegangen, aber diesmal hat der Fluss einen Teil des Pfades – auch nur ein besserer Elchwechsel – am Ufer weggerissen und wir müssen hoch in den Hang durch die Weiden ausweichen. Dieser Pfad ist eine Tortur. Der Untergrund ist weich und matschig, dazu muss man sich noch durch die hohen Weidenbüsche zwängen und bleibt dabei immer wieder mit den Füßen oder dem Gepäck an den Ästen hängen. Später müssen wir dann wieder herunter zum Fluss und können z.T. im alten Flussbett laufen. Unterwegs können wir zwei Rentiere beim Durchwaten des Sarvesjakka beobachten – ganz schön tief der Fluss – wir hätten sicher Schwierigkeiten bekommen. Doch die Tiere klettern einfach die Böschung am anderen Ufer hinauf, wobei eins ins Straucheln kommt und erstmal auf die Knie geht, schütteln sich das Wasser aus dem Pelz – und das wars denn auch. Man könnte direkt neidisch werden. An der Naitevalta rasten wir am Fluss, machen Mittagspause und erholen uns etwas von der „Dschungelei“. Dann geht hinauf über hügeliges Gelände in die Naitevagge. Knapp oberhalb der Einmündung der Lullihavagge durchwaten wir den Naitejakka dicht unter einem Wasserfall und steigen, zum Teil recht steil, am ostwärtigen Ufer in die Naitevagge hinauf. Der Weg hier ist weit besser als der auf der westlichen Seite, bei weitem nicht so versumpft und an nicht so steilen Hängen. Leider regnet es immer wieder mal, aber noch können wir ohne Regenzeug gehen. Es sind immer nur leichte und kurze Schauer. Recht weit oben finden wir dann auch gute Plätze für die Zelte und schlagen unser Lager auf. Von hier oben können wir bis ins Rappadalen hinab sehen. Ernst kraxelt noch in Tevasandalen bis zur Felskante des Berges über uns hinauf, Siegfried muss sein Zelt vor einem neugierigen Rentier bewachen. Leider verschlechtert sich das Wetter wieder, wir müssen im Zelt kochen – es regnet, regnet.


 

 

01.09.

Wir stehen spät auf, noch immer regnet es. Zu unserem Erstaunen haben wir einen Lemming im Zelt, er scheint sich bei uns wohl zu fühlen und frisst das trockene Gras. Auch unser Kochen und das anschließende das Packen im Zelt beeindrucken ihn fast nicht. Als wir das Zelt abbauen, flüchtet er unter einen Rucksack und als wir diesen dann aufnehmen, sitzt noch ein weiterer Lemming darunter – bei dem Wetter suchen selbst die Lemminge Asyl. Zunächst steigen wir wieder zum Fluss hinunter und am anderen Ufer über Blockfelder wieder hinauf zur Hochfläche der Luottolaka. Das Wetter wird immer übler, hier oben kommt zu dem Regen auch noch ein ausgewachsener Sturm. Bei besonders heftigen Böen müssen wir stehen bleiben, um auf und zwischen dem Blockwerk nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ich bin froh, dass ich außer meinem Bergstock noch einen Skistock mithabe, er hat sich bisher schon bei Steigungen und Flussquerungen sehr bewährt, hier hilft er mir bei den Windstößen das Gleichgewicht zu halten.


Ein Gast im Zelt

Luottolaka

Ernst schimpft zwar auch über das Wetter, geht aber selbst bei den Sturmböen weiter, er scheint sich auf dem Blockwerk sehr wohl zu fühlen und muss oft auf uns warten. Seine Videokamera verweigert ob der Nässe den Dienst. Auch hier oben sind die die Seen übervoll und die Zuflüsse zum Palkatjakka machen uns zu schaffen. Schließlich haben wir den Abstieg von der Hochfläche erreicht und steigen steil neben dem Wasserfall des Palkatjakka ab. Hier unten lässt zwar der Wind etwas nach, aber es regnet mehr oder weniger weiter. Wir stellen die Zelte auf, wir unser Zelt auf einem von uns schon mehrfach genutzten Platz. Auf diesem haben wir auch bei starkem Regen in der Vergangenheit nie Schwierigkeiten gehabt. Aber in der Nacht fließt plötzlich ein Bach ins Zelt und wir müssen mit Siegfrieds Hilfe im Morgengrauen auf einen trockeneren Platz umziehen. Hier sind wir zwar nicht mehr so windgeschützt und kriegen die Böen seitlich aufs Zelt, aber es steht hervorragend – dafür nehmen wir die Verrenkungen beim Aus – und Anziehen gern in Kauf. Das Handy war doch recht nass geworden, funktioniert aber nach der Trocknung im Schlafsack wieder. Aber was solls, hier haben wir ohnehin keine Verbindung. Es schüttet die ganze Zeit wie aus Eimern.

02.09.

Heute hat Siegfried Besuch von einem Lemming im Zelt. Es regnet weiter recht heftig, so bleiben wir stehen und warten ab. Noch haben wir genügend Zeit und Verpflegung, so verdröseln wir den Tag im Zelt. Gegen Abend lässt der Regen endlich nach, wir können raus und uns die Füße vertreten. Die Luft ist erfüllt vom Dröhnen des Wasserfalls und vom Rauschen des Palkatjakka. Schnapstime in Siegfrieds Zelt. Eine plötzliche heftige Sturmböe reißt einen Hering aus dem Boden, Ernst kann gerade noch zupacken und das Zelt am Wegfliegen hindern. Wir sichern das Zelt nun noch zusätzlich mit großen Steinen auf den Heringen. Es flattert und knattert zwar noch immer im Wind, aber es hält. Außerdem leiten wir den kleinen Bach, der uns überrascht hatte, noch etwas um, damit Siegfrieds Zelt verschont wird. Die Nacht ist recht unruhig.


03.09.

Es regnet weniger heftig, mehr nur noch ein Nebelnässen. Wir brechen auf. Steil geht es durch Schrofengelände auf die Schulter des Lametjakka. Bei der Nässe ist hier besondere Vorsicht geboten, der Hang ist sehr steil und der Boden besteht aus Steingrus mit Grasflecken. Dazwischen Felsnasen und Klippen. Aber wir steigen ruhig und bedachtsam, helfen uns gegenseitig über schwierige Stellen hinweg und schaffen es so ohne Zwischenfälle. Es darf einfach nichts passieren, sind es doch bis zum nächsten Telefon noch 3 Tage. Ein Handy ist hier nutzlos, es gibt kein Netz in dieser Abgeschiedenheit. Oben geraten wir in die Wolken, es weht und nieselt. Die Sichtweite beträgt manchmal nur 20 Meter. Wir kennen alle die Strecke und so führt meistens Siegfried. Er hat wohl Bedenken, dass Ernst sonst wieder den kürzesten Weg über die groben Blockfelder an der Bergseite der Schulter geht und hält sich mehr an der Kante der Terasse zur Talseite. Aber auch hier sind Blockfelder zu überschreiten, die Steine sind bei Nässe teilweise recht glatt und so kommen wir nur langsam voran. Siegfried ist oft weit voraus und muss häufig warten. Kurz vor dem Abstieg in die Klamm des Ruopsokjakka heben sich die Wolken und wir können in die Natjosvagge hinabsehen. Es gibt hier oben nur eine Stelle, wo man in die tief eingeschnittene Klamm absteigen kann und wo man auf der anderen Seite auch wieder herauskommt. Unten in der Klamm machen wir Mittagspause. Auch der Ruopsokjakka führt viel Wasser, wir können ihn aber an dieser Stelle gut durchwaten. Dann geht es hinauf in das Kar zwischen der Tjeura und dem Säkok. Lange suchen wir nach unserem gewohnten Biwakplatz, können ihn aber nicht finden. Wir haben aber Glück und entdecken sehr schöne windgeschützte Plätze für die Zelte und bauen auf. Der Wind ist so ekelhaft, dass wir heute auf weiter Ausflüge verzichten. Nur Siegfried läuft noch bis zu dem Felsbuckel über dem Tal. Wir sehen noch zwei Leute, die in einiger Entfernung in Richtung Säkok gehen. Diese Nacht können wir ruhig schlafen, aber natürlich regnet es wieder.

04.09.

Packen im Nieselregen. Das Regenzeug ist schon zur Gewohnheit geworden. Auch wir folgen diesmal der Pfadspur und gehen auf ihr durch hügeliges Gelände zum Säkok. Die Sicht ist miserabel -“ hier sehen sie, dass sie nichts sehen -. Noch vor dem Säkok entdecken wir zwei Leute vor uns und holen sie beim Abstieg am Schneefeld des Säkokvorgipfels ein. Ein älterer und ein jüngerer Deutscher. Sie wollen ebenfalls hinunter zum Samevista. Haben von dem Wetter die Nase voll, aber auch schon eine lange Tour hinter sich. Wir gehen schneller und lassen sie so hinter uns zurück. Von der Tjeura und dem Tjeurajaure ist nichts zu sehen. Auch im Abstieg bleiben wir in den Wolken, es nieselt mehr oder weniger heftig. Nach der Querung des Abflusses des Sees machen wir Mittagspause. Danach geht es hinunter zum Säkokjakka. Die sonst hier gewohnte Schneebrücke finden wir nicht mehr vor. So müssen wir den Fluss durchwaten, geht aber besser als befürchtet. Auf dem ostwärtigen Ufer gönnen wir uns im Regen noch mal eine Pause. Die beiden anderen Deutschen holen uns ein. Sie sind über die Reste einer Schneebrücke weiter oberhalb über den Fluss gelangt. Ernst geht natürlich los und sieht sich die Sache an. Kopfschüttelnd kommt er wieder und meint, da wäre er nicht drüber gegangen, das wär ihm doch zu riskant gewesen. Nun machen die beiden anderen Pause, wir gehen weiter. Die Sicht ist immer noch miserabel, wir hangeln uns auf dem Pfad von Steinmann zu Steinmann voran. Bei dem Wetter gleicht der Pfad vielfach einem Schlammgraben und nimmt und nimmt kein Ende. Nur manchmal kann man andeutungsweise die Wasserflächen in den Pareksümpfen unter uns erkennen.Weiter unten fliegen dann immer wieder Schneehühner aus dem Weidengebüschen auf, wenn wir näher kommen. Dort wird dann auch die Sicht besser. Endlich haben wir es geschafft und schlagen unser Biwak am Samevista auf. Es hat aufgehört zu regnen und so können wir noch etwas herumlaufen und sogar endlich mal die Schlafsäcke lüften. Kochen und essen draußen, mal nicht im Liegen im Zelt. Ich suche noch ein paar Blaubeeren, aber es gibt nur wenige und sie sind klein und sauer. Ein paar Rentiere streifen umher.Aber alles ist doch noch sehr nass, der am Biwakplatz vorbei führende Arm des Kaskakorsajakkatj führt viel Wasser. Etwa anderthalb Stunden nach uns kommen auch die zwei Deutschen an und schlagen ihr Lagerin einiger Entfernung von uns auf. Morgen wollen wir bis nach Kvikkjokk hinunter.


 

 

05.09.

Langsam setzt die Herbstfärbung ein. Zum letzten Mal werden die Rucksäcke gepackt. Es herrscht richtiges Abschiedswetter – wie fast immer am letzten Tag. Die Sonne scheint, die Berge um uns herum sind zu sehen, ist ja gut, Sarek, wir kommen auch ohne diese Vorstellung wieder! Aber schon auf dem Weg durch die Sümpfe trübt es sich wieder ein.



Abschiedsvorstellung



Zunächst durch teilweise schon recht bunte Birkenwälder, weiter unten auch durch Nadelwälder, geht es weiter. Ab und zu rasten wir etwas. Bei der Mittagspause am Stuor Tata können wir aus kürzester Entfernung ein Hermelin längere Zeit beobachten.



Stuor Tata


Es ist neugierig und pirscht sich immer wieder bis auf etwa zwei Meter an uns heran. Dann geht es weiter. Endlich erreichen wir den Kungsleden – müde stapfen wir ihn hinunter. Nun, wir haben einen besonderen Grund, soweit zu gehen. Ernst und ich wissen, dass Siegfrieds Frau Marita ihn unten auf dem Parkplatz erwartet. Normalerweise schieben wir immer noch eine Übernachtung auf diesem Weg ein. Der ganze Freundeskreis war eingeweiht, nur Siegfried weiß nichts davon, alle haben dichtgehalten. Etwa 20 Minuten vor dem Parkplatz verkrümelt sich Ernst und versucht, Marita über das Handy zu erreichen, selbst hier besteht noch keine Verbindung. Wie die Frau aufmerksam machen? Als wir auf den Parkplatz kommen, pfeift Ernst laut aber falsch das Harzer Köhlerlied. Marita kriegt es tatsächlich mit und kommt hinter dem Wohnmobil hervor. Siegfried fallen bald die Augen aus dem Kopf. „Was habt Ihr da wieder eingefädelt“ faucht er uns an – wir können doch gar nichts dafür.

Nun, die Überraschung ist gelungen. 36 Stunden hat Marita für die Fahrt mit Bahn und Bus von Goslar nach Kvikkjokk gebraucht. Wir fahren zum Campingplatz nach Arrenjarka und sitzen am Abend nach der Sauna noch lange zusammen. Über Handy erreicht und die Nachricht, dass unser Sohn sein Diplom mit 1 hinter sich gebracht hat.


06.09.

Nach dem Frühstück ist Auspacken und Aufräumen angesagt. Das Wetter spielt auch mit, wir können die Zelte trocknen und die Schlafsäcke lange lüften. Dann wird alles verpackt und in den Autos verstaut. Ernst hat morgens über Handy Holger, der sich auch noch irgendwo hier herumtreibt, davon verständigt, dass wir wieder „draußen“ sind. Gegen Mittag taucht er zu unserer Überraschung in Begleitung von Manfred aus Kiel bei uns auf. Sie haben sich zufällig in der Nähe von Arvidsjaur getroffen und waren zuletzt zusammen im Muddus – Nationalpark. Am Nachmittag gehe ich mit Marita noch tüchtig Preiselbeeren sammeln. Abends gibt es wieder ein paar Regenschauer, aber als alter Waldläufer bringt Ernst trotzdem ein vernünftiges Lagerfeuer zustande und so sitzen wir noch länger vergnügt zusammen.


07.09.

Heute trennen wir uns, Marita und Siegfried haben noch eine Woche Zeit und fahren Richtung Süden, auch Holger und Manfred verlassen den Norden. Wir fahren zunächst zu einer alten Mühle und sehen sie uns an. Dann geht es nach Jokkmokk, nochmal einkaufen und weiter auf der 45 nordwärts. Unsere Mittagspause mach wir auf der Dorfstelle Harspranget. Hier stand während der Bauzeit der großen Staudämme und Kraftwerke am Luleälv ein ganzes Dorf für die dort beschäftigten Arbeiter. Danach geht es weiter, durch Gällivare, Svapavaara und Vitangi zum Goldgräberlager in Lannavaara. Dort schieben wir uns für die Nacht ein. Hier finden sich doch immer noch Amateure zum Goldwaschen ein. Wir finden noch genügend Pilze für eine Mahlzeit.


 

 

08.09.

Wir fahren wieder zurück zur 45, die hier schon „Ishavedsleden“ – Eismeerstraße – heißt.In Karesuanto geht es über den Muoniojoki hinüber nach Finnland und nach kurzer Fahrt durch den „finnischen Daumen“ bei Kivilompolo nach Norwegen. Die Landschaft wir immer karger und leerer. Fast nur Birkenwälder in herbstlicher Pracht begleiten die Straße, ab und zu mal ein Fluss oder ein See, selten eine Siedlung, kaum ein anderes Auto. Wir passieren Kautokeino und Karasjok und fahren über Karigasniemi wieder nach Finnland hinein. Auf diesen Strecken hat man den Eindruck, dass hier der Begriff „Einsamkeit“ erfunden sein könnte. Nichts als Birkenbusch. Erst als wir wieder tiefer kommen, tauchen wieder Fichten und Kiefern auf. Wir schaffen es tatsächlich noch bis Inari am gleichnamigen See, dem größten Finnlands und übernachten auf dem Campinplatz.


09.09.

Hier im Norden ist richtig gutes Wetter mit Sonnenschein und angenehmen Temperaturen.Wir sehen uns etwas in Inari um und besuchen Siida – Museum. Eine sehenswerte Sammlung über die vergangene und heutige samische Kultur mit einem großen Freigelände. Im Gegensatz zu vielen schwedischen Museen ist hier in Finnland selbst im September noch alles geöffnet. Mittags fahren wir weiter über Kaamaneu und erst am Ufer des Inarisees, später am Tenojoki entlang. Kurz vor Neiden passieren wir wieder einmal die finnisch – norwegische Grenze. Wir fahren noch weiter bis Kirkenes. Dort ist aber kein Campinplatz mehr geöffnet, so müssen wir am Neidenfjord entlang ein Stück zurück und bleiben als einzige Gäste die Nacht auf dem Campingplatz oberhalb von Neiden. Leider streikt meine Kamera, so dass ich nicht mehr fotografieren kann – schade -. Ernst hat nur seine Videokamera mit.


Am Inarisee
















Irgendwo in Finnmarken

10.09.

Fahren wieder nach Kirkenes und sehen uns am Hafen und in der Stadt um. Im Hafen liegen rostbraune russische Frachter, man sollte nicht glauben, dass sie noch seetüchtig sind, aber sie fahren noch. In der Stadt selbst ist das Angebot in den Geschäften beeindruckend. Vom Eismeer zieht kalter Nebel heran, der sich später aber wieder auflöst. Anschließend besichtigen wir noch das Grenseland – Museum mit sehr interessanten Ausstellungen zur Geschichte des Landes hier. Die Straßenschilder sind zweisprachig – norwegisch und russisch – beschriftet. Danach geht dann am Neidenfjord zurück und am Varangerfjord entlang durch meist sehr öde und felsige Landschaft bis Tanabru. Dort verfahren wir uns leider. Eigentlich wollten wir über Lakselv nach Alta fahren, erwischen aber durch die Ausschilderung „ Alta“ und „E 4“ die Strecke entlang des Tanaflusses nach Süden. Leider merken wir es viel zu spät und so fahren wir noch am Tana entlang bis Karasjok. Dort reicht es für heute und wir bleiben für die Nacht auf dem Campingplatz. Von dem höher gelegenen Platz aus können wir abends die Lichter der Stadt unter uns sehen.


11.09.

Es hat sich zugezogen und ist recht trübe. Trotzdem leuchten die herbstlichen Farben der bunten Birkenwälder immer noch. Es geht weiter in Richtung Schweden. In Kautokeino unterbrechen wir die Fahrt und sehen uns zuerst in einer „Samesmide“ , wo sich Ernst noch ein sehr schönes Samenmesser kauft, und später in einem Kaufhaus für Silberschmuck um. Dann geht es weiter, durch den finnischen Daumen nach Karesuando und hinüber nach Schweden. Auf dem Rastplatz Ryssäjoki kurz hinter der Grenze machen wir wieder Rast. Hier ist ein norwegisches Ehepaar dabei, seine 18 Huskies nach einer Pause wieder in die Boxen im Auto und Anhänger zu verladen. Die Hunde veranstalten ein ohrenbetäubendes Geheul und Gebell. In Vitangi versuchen wir auf den Campingplatz zu kommen, scheint nicht mehr in Betrieb zu sei, so fahren wir weiter. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit finden wir kurz vor Gällivare noch einen etwas abseits der Straße gelegenen Rastplatz und schieben uns für die Nacht ein. Es regnet schon wieder. Auch dieser Platz ist mit Toiletten und einer Rasthütte ausgestattet.


12.09.

Auch am Morgen regnet es noch, wir stehen relativ spät auf, dann geht es aber weiter Richtung Süden. Wir überlegen, ob wir noch zum Stora Sjöfallet fahren, aber wir sind knapp dran mit dem Treibstoff und da es in Porjus keine Tankstelle gibt, müssen wir nach Jokkmokk weiter. Von dort ist es uns zu weit, nochmal zurück zu fahren und so geht es nach Arrenjarka. Regnet mal ausnahmsweise nicht. So gelingt es uns, am Nachmittag noch einige Kilo Preisebeeren zu sammeln. Nachts dann aber wieder Regen.


13.09.

Weiter nach Süden, aber der Regen bleibt uns treu. Wenn es schon so viel Wasser gibt, wollen wir auch was davon haben. So verlassen wir den Inlandsväg und fahren auf der 374 zum Storforsen, Schwedens größten Wasserfall. Hier stürzt der Piteälv über eine Stromschnelle hinab. Bei den Wassermassen ein beeindruckendes Schauspiel. Hier ruft uns Holger über Handy an und berichtet von dem Attentat am 11. September in den USA.

Wir hatten zwar schon irgendetwas von einem Attentat auf den Titelseiten der schwedischen Zeitungen gesehen, erfahren aber erst jetzt, was sich wirklich ereignet hat. Aber was sollen wir machen? - Wir fahren noch bis Vidse auf der 374 und biegen dort südlich auf eine Nebenstraße ab. Sie ist zwar asphaltiert, aber die Straßendecke ist in Schollen zerbrochen und teilweise abgesackt. Ernst gibt sich Mühe, den tiefsten Wasserlöchern aus zu weichen. Wir sind denn auch froh, als wir die 94 nach Arvidsjaur endlich erreichen. Auf ihr fahren wir bis Arvidsjaur und dort wieder auf die 45. Es regnet, regnet und regnet. Was soll man bei diesem Sauwetter machen – also fahren wir fast ohne Pause. Am Abend geht es kurz hinter Strömsund auf einen Rastplatz am Fluss. Hier finden wir noch reichlich Preiselbeeren, aber der Regen lässt uns nicht viel Zeit.



14.09.

Der Fluss ist in der Nacht um 20 cm gestiegen und das Wasser kommt langsam auf den Rastplatz. So geht es schon um 8.00 Uhr weiter. Ernst hat dann doch keine Ruhe mehr. Ganz vorsichtig fahren wir durch die tiefen Pfützen zur Ausfahrt des Parkplatzes. Regen, Regen. Weiter geht es in Richtung Süden. Es ist Elchjagd – überall hocken die Jäger mit ihren roten Kappen an den Straßen und lauern, also Vorsicht. Unterwegs sieht dann auch Ernst neben der Straße einen Elchbullen, später wechseln dann ein Bulle und eine Kuh vor uns über die Straße. Vorbei an Östersund geht es immer auf der 45 nach Süden. Ab und zu hört es mal auf zu regnen, aber alles ist noch sehr nass, teilweise treten die Flüsse über die Ufer und die Straßen gleichen Seenplatten. Der Himmel wird etwas freundlicher, so lassen wir uns verlocken und biegen in Asarna in südwestlicher Richtung auf die 316 ab und fahren über Klövsjö und Vemdalen zur 84 und auf dieser bis Linsell. Kurz hinter Linsell in Richtung Sveg finden wir etwas abseits der Straße an einer Badestelle einen Platz für die Nacht. Auf einem Schild bittet die Gemeinde, die paar Kronen Übernachtungsgebühren im Edekaladen in Linsell zu bezahlen. Auch hier finden wir noch gut Preiselbeeren, mehr oder weniger im Regen.


15.09.

Als wir am Morgen nach Linsell kommen, ist der Laden natürlich zu. So fahren wir weiter auf einer Nebenstraße – manchmal die reinste Achterbahn. Nach ein paar Kilometern nur noch nassgebundene Decke. Es geht über Glöte und Slagavallen nach Sörvattnet. Dort kreuzen wir die 311 und fahren durch eine raue Landschaft vorbei am Langfjället nach Idre. Ab und zu scheint heute sogar die Sonne. Von Idre fahren wir ein paar Kilometer auf der 70 in Richtung Norwegen und biegen in eine schmale Nebenstraße in Richtung Süden ein. Von nun an sind die Wegweiser handgeschnitzt und etwa 5 cm hoch, also jedesmal anhalten. Aber sie weisen ohnehin nur zur nächsten Hütte oder Hof. So gut wie kein Verkehr hier, meist nur Schotterstraße. Vorbei am Mellre Fulusjön finden wir den Weg nach Mörkret und fahren hinauf an den Rand des Fulufjäll auf einen Parkplatz. Ein großes Touristenzentrum ist hier im Bau. Zu Fuß geht es dann über Pfade und Bohlwege zum Njupskärs – Wasserfall, mit einer Fallhöhe von 125 m Schwedens höchster. Ganz schön Betrieb hier. Leider regnet es immer wieder recht heftig, aber mit dem vielen Wasser ist der Fall natürlich beeindruckend. Auf einem Rundwanderweg geht es dann zurück zum Parkplatz. Wir fahren zurück nach Mörkret und von dort nach Särna und über die 70 nach Mora. Wir wollen dort auf einen Campinplatz und uns am nächsten Tag etwas in Mora umsehen. Leider sind beide Campingplätze in Mora ab 13.00 bzw. 15.00 Uhr geschlossen. Wir versuchen es noch beim nächsten Platz auf der Insel Söllerön im Siljansee – das gleiche Spiel. Etwas unverständlich ist das schon, kommen doch die meisten Camper erst abends. Wir fahren weiter, über die 64 schaffen wir es noch bis zum Badeplatz am Bredreven südlich von Lesjöfors. Hier bleiben wir für die Nacht. Zwei Wohnwagen stehen hier, aber sonst ist Ruhe. Auch hier sehr hohe Wasserstände, der See ist über die Ufer getreten. Wir finden noch zwei brauchbare Steinpilze.


16.09.

Ich brauche etwas Erholung von der ewigen Fahrerei und überrede Ernst, heute nur bis zum Campingplatz Arashult knapp südlich von Gullspang zu fahren. Dort treffen wir gegen Mittag ein und werden gleich freundlich begrüßt. Wir dürfen in einer der Hütten sogar das Fernsehen nutzen und erhalten so erstmals konkrete Informationen über das Attentat in den USA. Nachmittags laufen wir dann noch etwas herum und finden noch Rotkappen und später einige herrliche Steinpilze. Natürlich kommen auch die platzeigenen Enten an den Wagen und verlangen lautstark und heftig Futter.


17.09.

Es ist trübe und windig, wir stehen in Ruhe auf, duschen und leisten uns ein gutes Frühstück. Wir wollen ein – zwei Tage an die schwedische Westküste und so fahren wir über Halmstad nach Melbystranden. Dort sind aber alle Campingplätze bereits seit dem 31.08. geschlossen. Außerdem ist wieder Sauwetter, so fahren wir noch zur Fähre nach Helsingborg und ab geht es durch Dänemark bei heftigem Verkehr nach Rödby und weiter bis Klausdorf auf Fehmarn. Auch hier Regen. Wir bleiben eine Nacht.


18.09.

Wir besuchen noch Bernhard und Dagmar und sind dann am 19.09. wieder zu Hause.